Hausarrest und Handyverbot waren so ziemlich die letzten beiden Worte, die Lara hören wollte. Ihre Eltern hatten am Morgen nach der Party ein verkohltes Haus vorgefunden und entsprechend reagiert. Es war doch kein Problem für die reiche Familie, sich ein neues Heim zu kaufen. An Geld mangelte es wohl kaum. Was machte da schon eine Villa mehr oder weniger? Lara verstand den Kern des Problems nicht. Klar, eine Strafe musste sein. Erziehung, Lerneffekt, was auch immer. Aber war denn wirklich diese Form von Bestrafung notwendig? Hausarrest und keine Verbindung mehr in die Außenwelt?
Lara zuckte mit den Schultern und starrte aus dem Fenster der Limousine, in der sie auf die Rückkehr ihrer Eltern aus der Bruchbude wartete. Sie begutachteten den Schaden nun zum dritten Mal. Die Inneneinrichtung der Villa war größtenteils hinüber, aber an und für sich war das Haus nicht zerstört. Es war einfach nur ziemlich renovierungsbedürftig. Wer Geld wie Heu hatte, konnte sich locker einige Nächte im Hotel und eine aufwendige Instandsetzung des Hauses leisten. Aber besser wäre doch eigentlich, gleich ein neues Heim anzuschaffen. Lara träumte ohnehin seit langer Zeit von einem zweiten Zimmer. Die Gelegenheit bot ihren Schopf und sie mussten lediglich zugreifen.
„Junge Dame, dass du in deinem Alter mal eine Party schmeißt, sobald wir weg sind, war ja zu erwarten. Aber das ist der absolute Gipfel! Eigentlich sollten wir dich dafür noch gleich in ein Internat stecken!“
Lara fand, dass ihre Mutter übertrieb.
„Meinst du? Sei nicht so dramatisch, Mutter. Häuser brennen ab und an mal, das nennt sich Unfall. Und außerdem habe ich nicht dafür gesorgt, dass die Bude Feuer fängt.“
Während ihre Mutter wie ein übervoller Luftballon zu platzen drohte, ignorierte das Mädchen die angespannte Atmosphäre.
„Komm raus da.“ Knochige Finger legten sich um Laras Handgelenk und zerrten sie gewaltsam aus der Limousine.
„Lass mich los!“
„Hier. Findest du das etwa nicht dramatisch? Lara, du hast ein Haus abgebrannt!“
„Fast!“, jammerte Lara. „Es steht noch. Die Feuerwehr sagt, dass es nicht so bald einstürzen wird.“
„Wie naiv bist du eigentlich? Haben wir dich so erzogen?“
Lara schnaubte, verschränkte die Arme vor der Brust und wandte den Blick ab. Genau genommen hatten ihre Eltern sie gar nicht erzogen. Sie kämpfte für sich allein, wann immer sie musste. Außerdem bekam sie stets alle Annehmlichkeiten, nach denen sie fragte. Lara bestellte und Vater und Mutter lieferten.
„Hast du etwa den Schnaps deines Großvaters an deine Freunde verschenkt?“, unterbrach ihr Vater empört den Streit zwischen Mutter und Tochter, nur um einen neuen Grund für die allgemein negative Stimmung beizutragen.
„Wie hast du das angestellt?“, wollte ihre Mutter wissen. „Was treibt ihr Teenager in diesem Alter nur? Wir haben früher nicht so gefeiert.“
„Keine Ahnung, plötzlich hat alles gebrannt! Ich habe gar nichts gemacht!“
Laras Vater brummte. „Dann war es einer der Harlunken unter deinen Gästen. Ich wusste, dass dir diese Pseudo-Freunde nicht guttun!“
Gemeinsam verließen sie die beinahe Ruine auf dem Weg zum teuren Vehikel auf der anderen Straßenseite. Laras Mutter redete ohne Unterlass, doch das Mädchen hörte längst nicht mehr zu. Sie verschloss die Ohren vor den Worten. Sie wusste, wer ihr den Schlamassel eingebrockt hatte. Sie wusste nur nicht, wie. Kein Alkohol der Welt konnte ihr die Erinnerung an die gestrigen Ereignisse nehmen. Felicia hatte gebrannt. Sie selbst war das Feuer gewesen. Nur wie hatte sie das angestellt? War sie eine Pyromanin? Ein Schamane? Oder doch eine mutierte Missgeburt, wie sie sie während der Party genannt hatte? Fragen über Fragen. Sie würde das Miststück am nächsten Tag in der Schule persönlich zur Rede stellen.
„Wo ist dein Handy?“, fragte Laras Mutter. Widerwillig kramte sie das Smartphone aus der Handtasche und reichte es ihr. Ein Statussymbol weniger. Aber den Status, den hatte sie noch!